Blickwinkel

„Südtirol war ein Auswanderungsland“

INTERVIEW

Karin Valorz
Karin Valorz

Karin Valorz lebt in Proveis am Deutschnonsberg, hat in Innsbruck Geschichte studiert und ist Lehrerin an der Mittelschule Ulten. Politisch war sie in der letzten Legislatur für die SVP als Referentin für Schule und Kultur in ihrer Heimatgemeinde aktiv. Gestern zog sie mit sehr gutem Ergebnis erneut in den Gemeinderat ein.

BG Online: Welche Bedeutung hat es für Sie, die Kultur an die nächste Generation zu vermitteln?
Karin Valorz: Glaubhaft Kultur an die nächste Generation zu vermitteln gelingt nur, wenn sie authentisch vorgelebt und im Alltag verankert ist, also verwurzelt ist. Für mich ist „Kultur“ ein weiter Begriff, der auch für Austausch, Vielfalt und Offenheit steht.

„BG“: Wie stellen Sie sich Südtirol in 10 Jahren vor?
Ich hoffe, wir Südtiroler und Südtirolerinnen entwickeln uns zu einer offeneren Gesellschaft. Wir haben vor Vielem Angst, zB. vor der Überfremdung und dem Nationalstaat. Ich hoffe, dass die Ängste, die teilweise auch von populistisch auftretenden Parteien und von den Medien geschürt werden, überwunden werden und es noch selbstverständlicher zu Begegnungen zwischen den verschiedenen Kulturen in Südtirol kommen wird. Die unlängst stattgefundene Aktion „Garten der Religionen“ der Katholischen Jungschar ging in diese Richtung.
Wir dürfen nämlich unsere eigene Geschichte nicht vergessen: auch Südtirol war bis vor gar nicht allzu langer Zeit ein Auswanderungsland; das Wort „Tiroler“ war früher einmal gleichbedeutend mit „Ausgewanderter, Wanderhändler“. Als Grenzprovinz haben wir viel Potential, wenn wir vom starren Denkmuster „miar-sein-miar“ wegkommen.

„BG“: Das Beste an Ihrem Heimatdorf Proveis?
Ich denke, das sind die vielen Menschen, die ehrenamtlich in Vereinen tätig sind – es gibt bei uns ca. 20 Vereine bei knapp 300 Einwohnern! Alle, die wollen, können sich einbringen und zum Gemeinwohl beitragen.
Außerdem finde ich, dass wir eine hohe Lebensqualität in vielen Bereichen haben; u.a. äußert sich das auch darin, dass sich Kinder in ihrer Freizeit uneingeschränkt und sicher im ganzen Dorf bewegen können.

„BG“: Was bringt Sie zum Staunen?
Immer wieder die Natur in all ihrer Schönheit – wir Menschen haben es in der Hand, ob wir z.B. in der Landwirtschaft sorgsam mit Böden und Wasserressourcen umgehen; ob wir bei Freizeitbeschäftigungen die Tierwelt respektieren und generell Umweltfrevel vermeiden.

„BG“: Welches Buch würden Sie weiterempfehlen?
Das Buch „Gsessn isch man lei ban Essn“ von Martina Mantinger, in dem Villnösser erzählen, wie es früher einmal war. Das Buch lehrt uns Bescheidenheit und zeigt auf, dass die heutige gesicherte Situation in Südtirol nicht selbstverständlich und hart erarbeitet ist.

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