Horst Margesin (53) wurde in diesem Jahr zum Vizebürgermeister der Marktgemeinde Lana ernannt. Er wurde in Tscherms geboren und lebt in Völlan, einer Fraktion von Lana. Der gelernte Betriebsbuchhalter arbeitet als Gemeindepolizist in Marling, ist in seiner Freizeit Mitglied der Bauernkapelle Völlan und bereist gerne ferne Länder.
Im Interview mit BG online spricht er über seine Arbeit, sein Amt als Vizebürgermeister und Vertreter der SVP sowie über die beeindruckende Reise nach Marrakesch.
BG online: Jedes Land hat Symbole, Denkmäler oder Besonderheiten, welche den Charakter des Landes widerspiegeln und auch weit über die Grenzen hinaus bekannt sind. Für Italien wären hier beispielsweise das Kolosseum oder die Trikolore zu nennen. Welche drei Dinge symbolisieren für Sie unsere Autonomie?
Horst Margesin: Die Menschen identifizieren sich vielfach über Symbole oder Personen, das ist richtig. Wenn ich Menschen nennen kann, die Südtirols Geschichte und jene der Autonomie mitgeprägt haben, dann sind dies Silvius Magnago, als Landeshauptmann, der das Autonomiestatut erkämpft hat und Luis Durnwalder, dem es gelungen ist, die Autonomie auszubauen und Wohlstand in unser Land zu bringen. Symbole des Landes sind ohne Zweifel Schloss Tirol, die Landesfahne und in etwas geringerem Ausmaß auch Schloss Sigmundskron. BG online: Verfolgen Sie die Selbstbestimmungsbestrebungen in Schottland und Katalonien? Warum schlägt Südtirol nicht denselben Weg ein? Ist die Selbstbestimmung nicht auch im Statut der SVP – der Partei der Sie angehören – verankert? Das Recht auf Selbstbestimmung ist im Völkerrecht verankert und wurde im Jahr 1945 auch in das Statut der SVP aufgenommen. Dies heißt jedoch nicht, dass es zu jedem Zeitpunkt zwingend ausgeübt werden muss. Für die Südtiroler Volkspartei ist das Selbstbestimmungsrecht die letzte Trumpfkarte, die verwendet werden wird, wenn die Existenz der Volksgruppe gefährdet ist. Die SVP verzichtet nicht auf das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler, nur weil man es derzeit nicht fordert; hier handelt es sich um einen oft gehörten Trugschluss. Das Recht auf Selbstbestimmung ist im Völkerrecht verankert… BG online: Sie sind Gemeindepolizist in Marling. Lässt sich Ihr Beruf mit dem Amt des Vizebürgermeisters von Lana – einer doch großen Gemeinde – zeitlich vereinbaren? Die Frage ist sicher berechtigt, denn mit der Ernennung zum Vizebürgermeister und mit der Übernahme des Aufgabenbereichs „Privatbau“, zusätzlich zum Aufgabenbereich „Fraktionen“, hat sich der Zeitaufwand um einiges erhöht. Vor allem der Bereich „Privatbau“ erfordert eine tägliche Präsenz im Bauamt der Gemeinde oder bei Informationstreffen mit den Bürgern. Ohne das großzügige Entgegenkommen meines Arbeitgebers und der sehr flexiblen Arbeitszeiten in Ausübung meines Berufes, wäre die Vereinbarkeit sicher nicht möglich. So ist es mir aber möglich, mit Inanspruchnahme von wenigen Freistellungsstunden, meinen Dienst in Marling trotzdem zu verrichten. BG online: Gefällt Ihnen ihre Arbeit als Gemeindepolizist? Ja, ich bin sehr zufrieden in meinem Beruf. Ich habe vor 27 Jahren meinen Dienst in der Gemeinde Marling begonnen und bin heute noch überzeugt den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Als ich dann für die Fraktionen Völlan und Pawigl in den Gemeinderat und Gemeindeausschuss der Marktgemeinde Lana gewählt wurde, war mir das Vorwissen rund um die Aufgaben und Funktionen der Gemeindeverwaltung eine sehr große Hilfe. Ja, ich bin sehr zufrieden in meinem Beruf… BG online: 2015 ist das Gedenkjahr zum Ausbruch des ersten Weltkrieges. Auch zahlreiche Völlaner waren als Standschützen an den Schlachten beteiligt und mussten ihr Leben lassen. Wo sehen Sie die Aufgaben der Schützen heute? Welche Meinung haben Sie zum Schützenwesen? In erster Linie sehe ich die Aufgaben der Schützen sicherlich in der Bewahrung unserer Traditionen und der damit verbundenen Werte und Ideale. Nur dürfen wir dadurch aber nicht den Blick nach Außen und die Offenheit für eine zeitgemäße Weiterentwicklung unserer Gesellschaft vergessen. Vor allem in der Jugendarbeit ist das Schützenwesen gefordert eine länderübergreifende Akzeptanz der verschiedenen Sprachgruppen zu vermitteln. Die Tatsache, dass Südtirol eine Verbindung, in kultureller, sowie wirtschaftlicher Hinsicht zwischen Nord und Süd, zwischen der Sprache Deutsch und Italienisch darstellt, sollte als großer Vorteil kommuniziert werden. Meiner Meinung ist das Schützenwesen ein unverzichtbarer Teil unserer Geschichte, sei es in der Vergangenheit, wie auch in der Zukunft. BG online: Sie sind viel auf Reisen. Welches Land hat Sie bisher am meisten beeindruckt und weshalb? Was lässt Sie immer wieder gerne in die Heimat zurückkehren? Ich würde sagen Marokko. Vielleicht weil es erst heuer im Juni war, und die Erinnerung und die Eindrücke noch frisch sind, aber nicht nur. Meine Frau und ich waren mit einer Gruppe Südtiroler zum Trekking im westlichen Atlas Gebirge und zum Abschluss in Marrakesch. Laut, hektisch, ein Durcheinander von Menschen verschiedenster Rassen und Nationalitäten. Marokko ist ein Schmelztiegel verschiedener Stämme, die im Laufe der Geschichte, mehr oder weniger an der Macht waren. Seit 1992 ist Marokko eine konstitutionelle Monarchie und seit 1999 regiert das Staatsoberhaupt König Mohammed VI. Im Gegensatz zu den anderen, mittlerweile ehemaligen Machthabern in Nordafrika, hat König Mohammed VI. schon früh erkannt, dass es unerlässlich ist, der Bevölkerung bestimmte Freiräume zu lassen. So gibt es z.B. Programme zur Unterstützung der Ärmsten in der Bevölkerung und Förderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft, für einen Verbleib der Landbevölkerung in ihren Dörfern. Außerdem gibt es in keinem islamischen Land so weitreichende Rechte für Frauen. Vielleicht konnte deswegen bis heute die ISIS in Marokko noch nicht Fuß fassen. Was uns überrascht hat, ist die Tatsache, dass in den wasserbegünstigten Hochtälern bis weit über 2000 m Meereshöhe allerlei Obst, vor allem Äpfel angepflanzt werden. Das karge Leben der Hirtenfamilien in den Bergen war dann schon sehr beeindruckend. Trotzdem heißt es für die schulpflichtigen Kinder jeden Tag ins nächste Dorf zur Schule zu gehen. Der Abschluss in Marrakesch war dann genau das Gegenteil der ruhigen und menschenleeren Tage in den Bergen. Laut, hektisch, ein Durcheinander von Menschen verschiedenster Rassen und Nationalitäten. Sich durch den mittelalterlichen Markt zu bewegen, war jedes Mal eine Zeitreise Sondergleichen. Zwischen Gewürzen, bunten Tüchern, Lederwaren und Lampen und den dazugehörigen Handwerkern, wie Tischler, Gerber, Färber, usw., war es fast unmöglich nicht etwas zu kaufen. Jeder von uns sollte ab und zu Südtirol auch von Außen betrachten. Nur wenn man weggeht und andere Länder und Orte besucht, kann man verstehen, was für ein herrliches Fleckchen Erde wir unsere Heimat nennen dürfen. Ich bin gerne unterwegs, aber für immer wegziehen, käme für mich wohl nicht in Frage. Jeder von uns sollte ab und zu Südtirol auch von Außen betrachten… Über Kurz oder Lang, fehlen mir dann die, für uns so selbstverständlichen und alltäglichen Dinge, wie trinkbares Wasser aus dem Wasserhahn, oder auch ein ganz normales Stück Speck. Das nennt man wohl Heimweh.