Kultur

Ursprünge der Herz-Jesu-Verehrung

 …bis zum Herz-Jesu-Bund


Schon im Mittelalter richtete sich die Aufmerksamkeit der gläubigen Bevölkerung auf die Seitenwunde des gekreuzigten Christus.
Begnadete Ordensleute schrieben ihr eine besondere Bedeutung zu, und in ihren Predigten regten sie das Volk zur Verehrung der Seitenwunde Christi an.

Der hl. Bernhard v. Clairvaux (1091 – 1153), der große Prediger und Mystiker, war der erste, der auf das Herz Jesu nicht nur im übertragenen, sondern im leiblichen Sinn sprach. Diese Vorstellung fand bei den Menschen viel Anklang, und die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu war bald weit verbreitet.

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Mellaun bei Brixen, ältestes Herz-Jesu-Fresko in Tirol, 1464

Durch die überdimensionale Seitenwunde des „Grabliegers“ entwickelte sich der Brauch, persönlich formulierte Gebetstexte hineinzulegen. Entsprechende Pergamentstreifen wurden in der Wunde gefunden.

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„Grablieger“, Mitte 14. Jh., befindet sich im Diözesanmuseum Hofburg, Brixen

In der Barockzeit tauchten die ersten Bilder auf, die Christus mit sichtbarem, auf der Brust getragenem Herzen darstellten. Das älteste stammt aus dem Jahr 1742 und befindet sich im Wiener Stefansdom.

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Herz-Jesu-Bild, Wien, entnommen aus der Dokumentation zum Gelöbnis 1796 von P. Walter Marzari SS

Neuen Auftrieb erhielt die Herz-Jesu-Verehrung durch die Visionen der Klosterfrau Margaretha Maria Alacoque, die in Burgund lebte: Jesus erschien ihr und deutete auf sein Herz. Er trug ihr damit auf, sich für ein Herz-Jesu-Fest einzusetzen. Das Fest war in Mitteleuropa bald weit verbreitet, Papst Clemens VIII. erkannte es offiziell an, und Papst Pius IX. führte es als verpflichtend ein.

Die Herz-Jesu-Verehrung war im Volk so tief verwurzelt, dass sogar dessen Arbeits- und Lebenswelt davon durchdrungen war. Auf Möbeln, Arbeitsgeräten in Stall, Stadel und Haus wurden Darstellungen angebracht, um sich des Segens durch das Herz Jesu allezeit sicher zu sein.

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Alpbachtal, Kopfteilbett
Kuchenform
Herzförmige Kuchenform, Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde, Dietenheim/Bruneck
Buttermodel
Buttermodel, Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde, Dietenheim/Bruneck
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Windmühle zur Reinigung des Dreschgutes, Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde, Dietenheim/Bruneck
Kuhglockenriemen
Kuhglockenriemen, Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde, Dietenheim/Bruneck
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Deckel einer Truhe aus dem 18. Jh.

Tirol im Jahr 1796: Schon im Frühjahr gab es immer wieder Gerüchte über die Eroberungswut Napoleons und damit verbundene Kriegsgefahr von Süden her. Im Mai wurden diese Gerüchte zu gesicherten Nachrichten. Der Landtag wurde einberufen, um die Verteidigung zu planen und zu organisieren. Die Sorge war wohl groß, denn im Zuge dieser Versammlung schlug Abt Sebastian Stöckl von Stams vor, neben rein militärischen Maßnahmen auch eine geistig-religiöse zu treffen. Auf Grund der im Volk tief verwurzelten Herz-Jesu-Verehrung sollte sich das Land Tirol unter den besonderen Schutz des göttlichen Herzens Jesu stellen.

Am 1. Juni war es soweit: Anlässlich einer weiteren Versammlung des Landtages in Bozen wurde das Herz-Jesu-Treuegelöbnis beschlossen und im Protokoll festgehalten. Dieses befindet sich im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck.

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Im Dom von Bozen wird das historische Herz-Jesu-Bild von Johann Josef Karl Henrici aufbewahrt, das seit 1795 besonders verehrt wird und 1796 die Tiroler Landstände zum Herz-Jesu-Gelöbnis animierte. Heute wird eine Kopie des Bildes bei der alljährlichen Herz-Jesu-Prozession durch die Stadt getragen.

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