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„Richten wir unsere Hoffnungen auf das 21. Jahrhundert „

Gedenkrede von Prof. Ing. Helmut Mader


 

Prof. Ing. Helmut Mader, LR Martha Stocker und Erzherzog Karl von Habsburg während der Gedenkfeier am Soldatenfriedhof von Meran.

Am 19. April 2015 hielt Prof. Ing. Helmut Mader, Landtagspräsident a. D., eine vielbeachtete Rede bei der Gedenkfeier zum I.Weltkrieg am Soldatenfriedhof Meran.
Einleitend referierte Prof. Mader über den geschichtlichen Zusammenhang, der zum Ausbruch des I. Weltkrieges, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, geführt hat. Für Tirol hatte dann 1915 der Verrat bzw. die Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn besonders tragische Folgen.

Hier ein Auszug der Gedenkrede:

. . .Tatsächlich aber war der Kriegseintritt Italiens und damit die Eröffnung einer neuen (700 km langen) Front im Süden vom militärischen Standpunkt aus für Österreich-Ungarn ein katastrophaler Wendepunkt, der das Kräftegleichgewicht zu Ungunsten der Mittelmächte verschob und letztlich den Ausgang des Krieges maßgeblich beeinflusste. . .“

Er erinnerte an das allerletzte Aufgebot Tirols und Vorarlbergs sowie an die Freiwilligen aus Salzburg, Kärnten, Steiermark und Oberösterreich.

„Im Frieden tragen die Söhne die Väter zu Grabe, im Krieg die Väter die Söhne.“ Von dem griechischen Gelehrten Herodot, der als Begründer der Geschichtsschreibung gilt, stammt dieser Satz, der den Schrecken des Krieges prägnant beschreibt. Heute erinnern wir uns, da dieser Österreichisch-Ungarische  Soldatenfriedhof 100 Jahre alt wird, aller Menschen, die als Opfer von Krieg und Gewalt vor der Zeit ihr Leben verloren und oft nicht einmal zu Grabe getragen werden konnten.  

 Das 20. Jahrhundert wird in die Geschichte eingehen als ein Jahrhundert der Kriege, des Völkermordes und des Holocaust. Als ein Jahrhundert, in dem Menschenrechte immer wieder mit Füßen getreten wurden. Richten wir deshalb unsere Hoffnungen auf das 21. Jahrhundert. Und arbeiten wir dafür, diesem Jahrhundert ein menschliches Gesicht zu geben. Arbeiten wir dafür, dass es ein Jahrhundert der Menschenwürde wird und ein Jahrhundert ohne Kriege, wenigstens in unserem Einflussbereich, weltweit hat es die Menschheit noch keinen einzigen Tag seither geschafft, ohne Konflikt an irgendeinem Punkt dieses Erdballes auszukommen.

Dieser Friedhof ist ein würdiger Ort des Gedenkens und des Erinnerns. Und es ist ein Ort, an dem Versöhnung wächst. Versöhnung, die keinen Raum mehr lässt für Kriege und Gewalt zwischen uns und unseren Nachbarn. 

Eine altjüdische Weisheit lautet: „Das Geheimnis der Versöhnung heißt Erinnerung“. Verstehen wir deshalb diesen Soldatenfriedhof nicht nur als würdige Ruhestätte für die toten Soldaten des Krieges. Verstehen wir diesen Friedhof auch als Ort des Lernens. Begreifen wir, wohin es führt, wenn Menschlichkeit und Lösungsbereitschaft ohne Waffen ebenso fehlen wie Verantwortung und der Hass zum Entscheidungskriterium wird.. Verneigen wir uns hier immer wieder vor den Toten und ziehen wir lebenswichtige Lehren für Frieden, Freiheit, Demokratie – und Menschlichkeit.

Des Weiteren führte Prof. Mader aus, wie es zur Errichtung der Lazarette und des Soldatenfriedhofes in Meran kam. Dieser durchlief in den folgenden Jahren mehrere Veränderungen, bis er die heutige Gestalt annahm. Hier sind 1524 Soldaten und 4 Krankenschwestern begraben.

Geehrte anwesende Gäste und Formationen!

Obwohl man seitenweise über die notwendigen Lehren aus der Geschichte schreiben und über die anklagenden Rufe nach dem Warum aus diesen Gräbern reden könnte und müsste, lasse ich es heute mit dieser komprimierten Sinngebung bewenden, denn ich brauche noch etwas Zeit zum besonderen Dank und um diese Gedenkfeier hier am Soldatenfriedhof einmal aus der Gewohnheit im Jahresrhythmus in die verdiente Besonderheit zu erheben.

Heute bei diesem 100-Jahr-Gedenken an die Schaffung einer Ruhestätte für unsere gefallenen Soldaten verneigen wir uns zuerst in Demut und Dankbarkeit vor denen, die hier liegen und dann vor jenen, die es ihnen ermöglicht haben. Wir danken allen, die durch die lange Zeit eines Jahrhunderts hindurch in Ehrfurcht und pietätvoller Hingabe unseren Toten, die im Kampf um die Heimat starben, zuerst einen Gottesacker schufen, pflegten, ausweiteten und betreuten, sowie das Andenken über den Jahreskreis hinweg in würdigen Feiern bis heute hochhielten.

Ich meine damit ganz besonders den 1953 gegründeten Verein zur Pflege des Österreichisch-Ungar. Soldatenfriedhofes, ich meine die Schützenkompanie Meran und meine Schützenkameraden aus dem Burggrafenamt sowie die Stadt Meran, die jahrhundertelange Landeshauptstadt von Tirol.

Unser Dank gilt allen, die das Entstehen dieses Friedhofes und das Geschehen dahinter der Vergessenheit entrissen und dokumentierten. . .“

. . . Dies alles wollte ich heute zum großen 100-jährigen Gedenken festhalten, den Pionieren und Betreibern dieses Friedhofes und den Bekennern dieses Gedenkens zur Ehre, allen kommenden Verantwortungsträgern aber zur Ermunterung, mit den Zeichen der Versöhnung fortzufahren, Mut zu zeigen, den besonders auch der Friede und die Gerechtigkeit braucht. Fahrt fort im Verstehen der Botschaft dieser Grabsteine, damit ausgestreckte Hände nicht übersehen werden und die Jugend versteht, dass auch am Frieden gearbeitet werden muss und dieser kein zwangsläufiges Produkt der wirkungslosen Untätigkeit ist. Schließlich vertrauen wir nicht nur die Seelen unsere Toten, sondern auch unsere Zukunft im ökumenischen Geist und Gebet dem Schöpfer allen Seins an, in dessen Händen Ursprung und Ende liegt.“

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