Europa & Co

„Ich stehe zu meinem Freiheitsgedanken“

Interview mit dem Katalanen Josep Maria Calabuig


Dip.-Ing. Josep Maria Calabuig lebt und arbeitet derzeit in Deutschland. Der Kartograph und Städtebauer setzt sich seit Jahren leidenschaftlich für die Unabhängigkeit und die Rechte seiner Heimat Katalonien ein. In seiner Freizeit spielt er Rugby in einer Augsburger Mannschaft und geht gern in die Berge. Kürzlich verbrachte er ein paar Tage in Südtirol. BG online hat ihn im Ultental getroffen. Am 04. April 2015 nimmt er an einer öffentlichen Gesprächsrunde zur Zukunft Südtirols teil.

BG online Herr Calabuig, wenn Sie Politiker wären, was würden Sie ändern?
Calabuig Ich möchte nie Politiker werden. Ich möchte einfach meiner Arbeit nachgehen und mich für ein freies, unabhängiges Land einsetzen. Viele Katalanen haben Angst bestraft zu werden, oder die Arbeit zu verlieren, wenn sie sich für die Unabhängigkeit ihres Landes einsetzen.
Ich hingegen habe keine Angst und stehe zu meinen Freiheitsgedanken. Sollte ich allerdings Politiker sein, würde ich das Unabhängigkeitsreferendum für bindend erklären. Das Volk muss entscheiden!

BG online Im letzten Jahr hat Katalonien gegen den Willen der spanischen Zentralregierung, ein Unabhängigkeitsreferendum durchgeführt – wie reagierte die Bevölkerung auf die Drohungen aus Madrid?
Calabuig Natürlich hatten einige auch Angst zur Wahl zu gehen. Jedoch haben bis zum Schluss fast zwei Millionen Katalanen für die Unabhängigkeit gestimmt. Das Volk will eigenständig sein und nicht mehr von Spanien abhängig sein. Die Unabhängigkeitsbewegungen müssen inter-national abgesichert werden. Somit können die Nationalstaaten nicht mehr solchen Druck auf die Bevölkerung ausüben.

BG online Sie waren bereits mehrmals hier in Südtirol und verfolgen die politische Situation. Warum interessieren Sie sich für unser Land?
Calabuig Ich habe mich mit der Geschichte mehrerer deutscher Länder auseinandergesetzt. Auch mit der Geschichte Tirols. Leider musste ich feststellen, dass viele Menschen nicht über die Situation Südtirols informiert  sind. Ich habe zum Beispiel mit meinem bayrischen Arbeitskollegen gesprochen, welcher Südtirol für eine gewöhnliche italienische Provinz hielt. Er hat das Gymnasium besucht und weiß dennoch nichts über die Südtiroler Geschichte. Das finde ich äußerst traurig.

2015_Katalonien_Josep Maria Calabuig

BG online Welche Persönlichkeit beeindruckt Sie?
Calabuig General Moravas, er hat Ähnlichkeit mit Andreas Hofer. Moravas hat bis zu seinem letzten Tag für die Freiheit seines Landes gekämpft. Auch wenn wir den Kampf im Jahr 1714 verloren haben, wollte er nicht aufgeben. Er wurde in Barcelona verraten und von den Spaniern geköpft. 12 Jahre lang hing sein Kopf am Hafen von Barcelona, zur Abschreckung des Volkes.

BG online Wie sollte sich die Europäische Union Ihrer Meinung nach weiterentwickeln?
Calabuig Das ist eine sehr komplizierte Frage. Aber kein Land kann auf Dauer von Nationalstaaten regiert werden. Meiner Meinung nach sollte ein Europa der Regionen entstehen und ein optimales Regierungssystem gefunden werden – ich  bin für alle Vorschläge offen.

BG online Vielen Dank für das Gespräch!


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